Im Jahr 2000, als wir hier gerade angefangen hatten zu bauen, brauchten wir ein paar Sachen, um die Baustelle sauber zu halten. Wir fanden einen ganz kleinen Baumarkt in Baruth und sagten: „Guten Tag, wir hätten gerne Besen zum Fegen und Schaufeln für die Baustelle und Schubkarren. Bitte auf Rechnung für CLASSEN.“ „Firma CLASSEN? Kennen wir nicht. Da kann ja jeder kommen“, war die Antwort. Wir bekamen also keinen Kredit, um auf Rechnung zu kaufen und ich musste erst mal mein privates Geld vorstrecken, um 20, 30 Besen, Schaufeln und eine Schubkarre zu kaufen.
Ich war zu dieser Zeit gerade 33 Jahre alt und hatte wenige Wochen zuvor die mir angebotene Stelle als Betriebsleiter von Classen Industries angenommen. Hier in Baruth, wo zehn Jahre zuvor noch die russische Armee das Sagen hatte, sollte in wenigen Monaten ein modernes Laminatfußbodenwerk die Produktion beginnen. Aber woher sollten qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen und wie sollte man sie ausbilden? Ich habe damals für die ersten 100 Stellen, die wir ausgeschrieben hatten, etwa 700 Bewerbungen und Lebensläufe gelesen. Ich bin selbst im Osten geboren, in der DDR aufgewachsen und habe dort studiert. Das half mir, die Bewerberinnen und Bewerber einzuschätzen.
Und dann stand ich also eines Tages mit drei Bildern einer Computeranimation unseres Architekten vor unseren zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, hinter mir drei Bürocontainer und der dünne Kiefernwald. Ich sah in die skeptischen Gesichter meiner zukünftigen Kolleginnen und Kollegen, als ich von einer großen Zukunft in diesem neuen Werk sprach.
Viele Bewerber berichteten, dass sie bei ihren früheren Arbeitgebern auf Lohn verzichten mussten, weil diese nicht zahlen konnten oder wollten. Und eine der ersten Fragen, die mir damals gestellt wurden, war: „Ist CLASSEN ein Arbeitgeber, der immer pünktlich seinen Lohn zahlt?“ Und ich habe immer gesagt: „JA“. Und es hat bis heute keinen Monat gegeben, in dem nicht auf den Tag genau das Geld jedes Mitarbeiters pünktlich auf dem Konto war. Es gab damals nicht viele Arbeitgeber in Brandenburg, die das von sich behaupten konnten. Und das hat sich natürlich mit der Zeit herumgesprochen und die Menschen hier wussten irgendwann, dass CLASSEN ein zuverlässiger Arbeitgeber ist.
Wir hatten Glück, denn wir fanden einen Bildungsträger, der unseren zukünftigen Kolleginnen und Kollegen die von uns vorgegebenen theoretischen Kenntnisse vermittelte. Unsere neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten aber auch die praktische Seite einer Laminatfußboden-Produktion erlernen und dafür mussten sie in das Werk nach Kaisersesch und dort in den Schichtbetrieb integriert werden. CLASSEN organisierte über unsere Einkaufsabteilung dutzende Mietwagen, immer für vier Leute, um sie von Brandenburg in die Eifel zu bringen. Kein Bewerber hat die notwendige Ausbildung in Kaisersesch abgelehnt. Die Motivation war spürbar und steckte uns alle an.
Die meisten, die wir damals eingestellt haben, sind heute noch bei uns. Unser David Schumann, heute als Bereichsleiter für die Profilierung und die Verpackung verantwortlich für 200 Mitarbeiter, kam damals frisch von der Fachhochschule und erhielt als seine erste Aufgabe, unsere neuen Kolleginnen und Kollegen in Kaisersesch bei der Ausbildung zu betreuen.
Von Anfang an haben wir selbst ausgebildet und uns so unsere Fachleute praktisch selbst herangezogen. So haben beispielsweise Bereichsleiter, Produktionsleiter, mechanische und elektrische Instandhaltungsleiter sowie viele Schichtleiter als Azubis oder Zeitarbeiter bei uns angefangen. Bei der Mehrzahl der Belegschaft stammt die Familie hier aus der Region. Auch deshalb sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit unserem Werk so eng verbunden.
Das zeigt sich unter anderem in den Leistungen, die wir alle zusammen hier immer wieder erbracht haben, um unseren Standort stark zu machen. Kein anderer Laminatfußbodenstandort weltweit schaffte es bislang, die 70-Millionen-Quadratmeter-Grenze zu überschreiten und wir kratzten 2020 nur knapp an 80 Millionen Quadratmetern. Dabei hat sich der Laminatfußboden in den letzten 20 Jahren grundlegend geändert. Heute sind unsere technologischen Entwicklungen wie z.B. leimlose Verlegesysteme, Fold-Down-Verlegung mit MegaLoc, besonders energieeffiziente Produktionsverfahren, Digitaldruck und wasserresistente Laminatfußböden längst Standard. Wir können mit Stolz behaupten, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von CLASSEN in Kaisersesch und Baruth den Laminatfußboden in seiner Entwicklung maßgeblich geprägt haben.
Natürlich war uns in Baruth von Anfang an die Philosophie einer sauberen Produktion wichtig. So haben wir einen guten Draht zum Landesumweltamt aufgebaut und dessen Mitarbeiter regelmäßig zu uns eingeladen. Diese offene Art der Kommunikation hat dazu geführt, dass die Behörden heute ein großes Vertrauen zu uns haben. Und das hilft uns, wenn wir neue Erweiterungen bauen möchten. Außerdem haben wir von uns aus direkt Lärmmessungen gemacht und Lärmschutzmaßnahmen durchgeführt. Auch das hat uns rund um Baruth zu einem angesehenen Unternehmen gemacht.
Nach 20 Jahren können wir mit einem gewissen Stolz zurückblicken. Wir sind heute nicht nur der am besten zahlende Arbeitgeber in der Region, wir sind auch ein Teil der Region geworden und die Region lebt mit uns.
Eine Antwort
Hallo Herr Buhlmann, freut mich sehr, dass Sie es in Baruth geschafft haben. Ich kann mich noch an unseren ersten Kontakt erinnern, als es um die SAP Einführung ging. Trotz aller Widrigkeiten am Anfang haben Sie und Ihre Mitarbeiter großartiges in der damaligen, aber auch in der vergangenen Zeit geleistet. Baruth ist auch Ihr WERK“. Wie ich auf dem Bild sehe, sind Sie auch schon ergraut und ich bin mittlerweile in Rente. Viele Grüße aus RLP sendet Ihnen
Uwe Preis